Sigmatismus
(Lispeln)
Der Sigmatismus (Lispeln) ist eine Sonderform der
Dyslalie.
Betroffen sind die S- und Z-Laute. Das kann isoliert oder zusammen
mit anderen Lautbildungsstörungen auftreten. Ursachen und deren
Auswirkungen können sein:
Sigmatismus interdentalis: Das Kind gewöhnt dabei sich an, die Zunge
wie beim Saugen nach vorn zu drücken, wodurch oft ein
frontal-offenen Biss entsteht (Lutschgebiss). Das hat zur Folge,
dass beim Sprechen des S-Lautes die Zunge zwischen den Zähnen
durchgeschoben wird und es hört sich wie ein englisches „th“ an.
Auch beim Schlucken setzt sich diese Saugbewegung fort und es kommt
zum Zungenpressen (infantiles Schluckmuster).
Sigmatismus addentalis: Stehen die Schneidezähne an Ober- und
Unterkiefer zu stark mundwärts, so stößt die Zunge entweder nur an
die oberen oder unteren Schneidezähne. Dann klingt der S-Laut
un-scharf.
Sigmatismus lateroflexus: Fehlen die oberen Schneidezähne, kann es
zu einem Seitwärtsdrehen der Zungenspitze beim Anlegen an den oberen
Eckzähnen kommen. Der betreffende Mundwinkel kann dabei verzogen
werden. Dabei entsteht beim Sprechen ein zischendes, manchmal auch
schlürfendes Nebengeräusch.
Sigmatismus nasalis totalis: Kommt bei Gaumenspalten vor. Die Zunge
schließt in Stellung für /t/ den Mund vorn ab. Die ganze
Artikulationsluft entweicht durch die Nase.
Sigmatismus palatis: Kommt bei Hörstörungen vor. So entsteht z.B.
durch Rückverlagerung der Zungenspitze und damit der mittleren Rille
ein Reibegeräusch, das wie ein unscharfes /ch2/ klingt.
Therapie:
Obwohl das Lispeln manchmal sehr niedlich klingt, sollte man diese
Störung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine rechtzeitige
Behandlung ist sehr wichtig, weil beim jahrelangen Bestehen ein
Sigmatismus nur schwer zu beseitigen ist. Der Fehler ist dann schon
zu einem fest verankerten zentralen Sprechmuster geworden.
Aufgrund der sehr vielschichtigen Ursachen, wodurch Sigmatismen
verursacht werden, gibt es unter-schiedliche Therapieansätze. Neben
Sprechübungen, in denen der richtige S-Laut wie ein neuer Laut
erlernt werden muss, gibt es Ableitungsmethoden, bei denen die
richtige Sprechweise aus einem benachbarten Laut gewonnen werden
kann. Auch über eine Pfeifstellung oder passiv mit Hilfe eines
Spatels kann man zur Verbesserung der Rillenbildung der Zunge und
damit zur richtigen S-Lautbildung beitragen. Wichtig sind jedoch
immer eine Verbesserung der Selbstwahrnehmung, eine Verbesserung der
Mundmotorik, die Stimulation des Bewegungsempfindens und der
Geschicklichkeit im Zungen-Mund-Bereich (Kinästhetik) sowie die
Verbesserung der auditiven Wahrnehmung, wobei dem Hörtraining eine
besondere Bedeutung zukommt.
Ein weiterer wichtiger Therapieansatz ist die myofunktionelle
Therapie, der besonders bei Zungendrücken, Durchschieben der Zunge
bei der S-Lautbildung zwischen den Zähnen sowie beim Schlucken mit
vorgeschobener Zunge angewendet wird. Hierbei erfolgt ein besonderes
Training der Zungenbeweglichkeit und Üben des korrekten Schluckens.
Von entscheidender Bedeutung ist aber auch die Mitarbeit der Eltern,
da viele Therapieinhalte erst durch das regelmäßige häusliche Üben
vom Kind verinnerlicht und im Alltag umgesetzt werden können.
► Notwendige Schritte zur Einleitung einer Therapie
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Informationsbroschüren
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